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Urteile zu Kategorie: Prozeßrecht

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Legt der Rechtsanwalt die Berufung in einer Wohnungseigentumssache aufgrund einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung nicht bei dem nach § 72 Abs. 2 GVG aF zuständigen Berufungsgericht, sondern bei dem für allgemeine Zivilsachen zuständigen Berufungsgericht ein, unterliegt er in aller Regel einem unverschuldeten Rechtsirrtum.

Dem unverschuldeten Rechtsirrtum wird dadurch Rechnung getragen, dass die Fristversäumnis durch erneute Berufungseinlegung bei dem zuständigen Gericht verbunden mit einem Antrag gemäß § 233 ZPO auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand behoben werden kann.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZB 59/21, 24.02.2022
Bei objektiv unrichtiger Bezeichnung ist aber grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die erkennbar nach deren objektiven Sinn betroffen sein soll. Dies ist aufgrund des Klagebegehrens, des Inhalts der Klageschrift und aufgrund des Umstandes, dass in der Klageschrift als vertretungsberechtigtes Organ der Verwalter benannt worden ist, die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die fehlerhafte Bezeichnung der beklagten Partei ist bei einer Gestaltungsklage von Amts wegen zu berichtigen.
LG Berlin I, AZ: 55 S 37/21, 22.03.2022
Ein Wohnungseigentümer, der Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer getilgt hat, kann von den anderen Eigentümern auch dann keine unmittelbare (anteilige) Erstattung seiner Aufwendungen verlangen, wenn er später aus der Gemeinschaft ausgeschieden ist; das gilt auch bei einer zerstrittenen Zweiergemeinschaft.

Der ausgeschiedene Wohnungseigentümer muss sich daher an die Gemeinschaft als Schuldnerin seiner Ersatzforderung halten und ggf. die Vollstreckung gegen diese betreiben.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 92/21, 25.03.2022
Bei Klagen gegen verwalterlose Wohnungseigentümergemeinschaften wird der Verband durch die nicht klagenden Wohnungseigentümer vertreten.

Die insoweit den Verband vertretenen Wohnungseigentümer können daher nicht nur im Prozess wirksam Erklärungen für den Verband abgeben, sondern als notwendiges Hilfsgeschäft auch einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der Interessen des Verbandes beauftragen, wodurch ein Vertragsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Verband begründet wird.
LG Frankfurt am Main, AZ: 2-13 T 32/22, 11.07.2022
Der Streitwert für den Klageantrag auf Zahlung künftiger Hausgelder richtet sich nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag gem. §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 9 ZPO.

Lediglich bei fehlender Fortgeltungsklausel müsste das Ende der Zahlungspflicht mit Auslaufen des Wirtschaftsplanes in den Antrag mit aufgenommen werden und dann wäre für den Streitwert tatsächlich nur der Jahresbetrag maßgeblich.
LG Karlsruhe, AZ: 11 T 42/22, 08.07.2022
Der Streitwert für die Anfechtung des Beschlusses über die Jahresabrechnung bestimmt sich nach dem Gesamtbetrag der abgerechneten Kosten (Abrechnungssumme), auch wenn der Abrechnungsbeschluss nach neuem Recht formal nur noch über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse befindet, zu bemessen ist.
LG Köln, AZ: 29 T 44/22, 13.06.2022
Solange Beschlüsse nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden sind, sind sie gültig.

Die Veräußerung des Wohnungseigentums nach Einleitung des Beschlussanfechtungsverfahrens lässt weder die aktive noch die passive Verfahrensführungsbefugnis entfallen.

Geht aus dem Beschluss nicht hervor, wer Antragsgegner eines gerichtlichen Beweissicherungsverfahrens sein soll, ist der Beschluss zu unbestimmt.
LG Hamburg, AZ: 318 S 23/21, 22.12.2021
Eine Berichtigung des Rubrums nach § 319 ZPO ist auch dann möglich, wenn die klagende Partei die andere Partei versehentlich falsch bezeichnet hat.

Der Parteiwechsel nach Ablauf der Klagefrist von einem Monat nach § 45 WEG n.F. ist nicht geeignet, die Klagefrist zu wahren.
AG Berlin-Mitte, AZ: 22 C 36/21 WEG, 19.04.2022
Für einen Ausgleichsanspruch der in den ursprünglichen Klageverfahren beklagten Wohnungseigentümer ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich. Dies bereits deshalb nicht, weil die aufgewandten Mittel keine der Gemeinschaft waren, denn der Verband war nach altem Recht in das Beschlussanfechtungsverfahren nicht eingebunden.

Die beklagten Wohnungseigentümer könnten gegebenenfalls einen Anspruch gegen den Verband gehabt haben, dass dieser ihnen die aufgewandten Kosten ausgleicht, um sie sodann im Innenverhältnis nach dem Kostenschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG zu verteilen.
LG Frankfurt am Main, AZ: 2-13 S 21/22, 21.07.2021
Bei verschiedenen Angeboten ist es erforderlich, dass die Eckpunkte der Angebote den Eigentümern vor der Versammlung rechtzeitig bekannt gegeben werden.

Sind 3 Angebote über eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung eingeholt worden, ist die Übersendung der kompletten Vertragsunterlagen nicht erforderlich.
LG Frankfurt am Main, AZ: 2-13 S 35/22, 04.07.2022
In einer verwalterlosen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bedarf die Erhebung einer gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichteten Klage auf anteilige Zahlung einer beschlossenen Sonderumlage keiner auf die Klageerhebung bezogenen Beschlussfassung.

Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, so wird sie bei einer gegen einzelne Wohnungseigentümer gerichteten Klage durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er den klagenden Verband allein
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 180/21, 16.09.2022
Zu den von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzung der ordnungsgemäßen Klageerhebung gehört nach der ständigen Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auch die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers, und zwar auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist.

Es entspricht der Rechtsprechung des BGH, dass in Altverfahren bei Klagen auf Beseitigung baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum in analoger Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG die Prozessführungsbefugnis des Klägers so lange weiter besteht, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu Kenntnis gebracht wird.
LG Frankfurt am Main, AZ: 2-13 S 95/21, 06.10.2022
Haben die Wohnungseigentümer einen Beschluss über einen Gegenstand gefasst, der in der Einladung zur Versammlung nicht bezeichnet war, so ist einem Wohnungseigentümer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Diesbezüglich kann eine Pflicht der Klägerin, sich innerhalb der Anfechtungsfrist zu informieren nicht angenommen werden.

Ein Beschluss über eine Jahresabrechnung ist für unwirksam zu erklären, wenn darüber in einer Form abgestimmt, zu der die Kammer bereits festgestellt hat, dass sie nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
LG Düsseldorf, AZ: 19 S 55/21, 30.09.2022
Legt ein bisher am Verfahren nicht beteiligter Rechtsanwalt für seine Partei fristwahrend Rechtsmittel in einem WEG-Verfahren ein, um die REchtslage zu überprüfen, führt die Rücknahme des Rechtsmittels nicht zur Verpflichtung der TRagung der gegenerischen Anwaltskosten.
OLG Hamm, AZ: 15 W 415/01, 02.06.2002
Nach § 567 Abs. l ZPO findet gegen bestimmte, im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen die sofortige Beschwerde statt. Zu diesen Entscheidungen zählen
solche des Prozeßgerichts im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens (§ 793
ZPO).

Gegen eine Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nach § 574 Abs. I ZPO die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn dies entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (Nr. 1 ) oder sie von dem Beschwerdegericht zugelassenworden ist (Nr. 2).
OLG Hamm, AZ: 15 W 296/03, 19.04.2004
Der Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung, die die Wirkung des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG vorläufig außer Kraft setzt, kommt nur dann in Betracht, wenn dem Anfechtenden bei Abwägung der widerstreitenden Belange unter Würdigung des prinzipiellen Vorrangs der gesetzlichen Wirksamkeitsanordnung ein Abwarten einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist.
AG Hamburg-St. Georg, AZ: 980b C 6/21 WEG, 05.08.2021
Eine Vergemeinschaftung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche der Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss wird durch § 9a Abs. 2 WEG nicht ausgeschlossen.

Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergibt sich in der Sache unverändert aufgrund der Verwaltungsbefugnis für das gemeinschaftliche Eigentum sowie der in § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG geregelten Pflicht zu dessen Erhaltung.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 213/21, 11.11.2022
Bei den einzelnen Beschlussfehlern, die ein Anfechtungskläger zur Begründung seiner Klage vorbringt, handelt es sich nicht im Kontext von § 44 Abs. 1 WEG n. F. jeweils um einen eigenständigen Streitgegenstand im Sinne des Prozessrechts handelt.

Mit seiner wohnungseigentumsrechtlichen Beschlussklage i.S.v. § 44 Abs. 1 WEG geht es dem Kläger nach seinem Klageantrag in Verbindung mit seiner - zumeist auf mehrere Gründe gestützten - Klagebegründung aus der Sicht einer vernünftigen Prozesspartei ganz wesentlich (nur) darum, den angegriffenen Beschluss "zu Fall" zu bringen, nicht aber darum, mit allen Anfechtungsgründen, die er (rechtzeitig) geltend gemacht hat, durchzudringen.
AG Hamburg-St. Georg, AZ: 980b C 38/21 WEG, 29.04.2022
Eine Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer kann zwar im Einzelfall als Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verband zu verstehen sein.

Das setzt aber voraus, dass sich dem bei der Auslegung der Parteibezeichnung zu berücksichtigenden übrigen Inhalt der Klageschrift unzweifelhaft entnehmen lässt.

Die Zweifel sind nicht allein dadurch ausgeräumt, dass die Beschlussanfechtungsklage nach der neuen Gesetzeslage mit Erfolg nur gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geführt werden kann.
LG Hamburg, AZ: 318 S 65/21, 25.04.2022
Den Wohnungseigentümern steht nach § 9a Abs. 2 WEG keine gekorene Ausübungsbefugnis mehr zu, d.h. sie besitzen keine Entscheidungskompetenz mehr über die Vergemeinschaftung bestimmter, an sich den Wohnungseigentümern zustehender Rechte.

Für das Bauträgerrecht gilt dies allerdings nicht. Denn die Möglichkeit einer Vergemeinschaftung beruht in diesem Bereich nicht auf § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2 WEG aF, sondern auf anderer Rechtsgrundlage.
LG Köln, AZ: 4 OH 8/22, 06.07.2022
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