Urteile zu Kategorie: Ãœberhang
Ein Eigentümer haftet für Schäden, die die Wurzeln des auf seinem Grundstück stehenden Bäume an Abflussleitungen des Nachbargrundstücks verursachen; §§ 910, 1004, 812 BGB.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 92/85, 07.03.1986
Der Anspruch auf Ersatz der zu einer Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen kann durch einen Abzug "neu für alt" gemindert sein.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 136/11, 13.01.2012
Das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus (Bestätigung von Senat, BGHZ 60, 235, 241 f. und 97, 231, 234).
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 99/03, 28.11.2003
Der Versicherungsnehmer wird auch dann im Sinne von § 1 Nr. 1 AHB auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wenn und soweit er einem Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB ausgesetzt ist, der dieselbe wiederherstellende Wirkung hat wie ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch.
BGH Karlsruhe, AZ: IV ZR 40/99, 08.12.1999
Der beeinträchtigte Grundstücksnachbar hat auch gem. § 1004 I 1 BGB einen Anspruch auf Durchführung von Maßnahmen, mit denen für die Zukunft Einwirkungen des Wurzelwerks der Birke auf seine Kanalleitungen vermieden werden können. Es ist bereits zu Einwirkungen auf die Kanalisation durch die Wurzeln der Birke gekommen. Schon deswegen besteht Wiederholungsgefahr, solange keine Maßnahmen gegen das weitere Eindringen der Wurzeln ergriffen werden.
OLG Düsseldorf, AZ: 9 U 51/86, 11.06.1986
Das Aufsammeln von an Blättern, Bucheckern und Zweigen des vom sich auf dem Nachbargrundstück befindlichen Baumes zur Herbstzeit und das Verbringen zur Deponie, begründen keine Einwirkungen, die den Wohngenuss oder die Grundstücksnutzung dauerhaft und nachhaltig beeinträchtigen. Vielmehr handelt es sich um jahreszeitlich bedingte und beschränkte Einwirkungen, für deren Beseitigung ein relativ geringer Zeit- und Arbeitsaufwand erforderlich ist.
OLG Hamm, AZ: 5 U 161/08, 01.12.2008
Pflanzt ein Eigentümer hinter einem Sichtschutzzaun Sträucher oder Bäume an, so besteht solange keine Beeinträchtigung, wie die Höhe des Sichtschutzzaunes nicht erreicht ist. Daraus folgt aber auch, dass die Verjährung des § 47 NachbG NRW von 6 Jahren nicht ab dem Zeitpunkt der Anpflanzung, sondern erst ab dem Zeitpunkt des Überrschreitens des Sichtschutzzaunes an zu berechnen ist.
Berühmt sich ein Nachbar der Rechte aus dem Nachbarschaftsrecht und führt er erfolglos gemäß § 15a Abs. 1 Nr.2 EGZPO i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 1e JustG NRW ein Schiedsverfahren durch, ohne im Anschluss Klage zu erheben, kann der Antragsgener des Schiedsverfahrens keine Klage auf negative Feststellungsklage erheben, bevor er nicht selber das Nichtbestehen der Ansprüche in einem Schiedsverfahren als Antragsteller geltend gemacht hat.
LG Essen, AZ: 15 S 279/13, 28.01.2014
Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB richtet sich nicht unbedingt gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks, von dem die Beeinträchtigungen ausgehen, er richtet sich gegen den Störer. Die Störereigenschaft im Sinne dieser Vorschrift ergibt sich nicht allein aus dem Eigentum oder aus dem Besitz an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 01.04.2011 – V ZR 193/10).
Diese Verantwortung für den Zustand des im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstückes ist von Gesetzes wegen der Wohnungseigentümergemeinschaft auferlegt.
Daraus folgt, dass nicht die Miteigentümer, sondern die gemäß § 10 Abs. 6 WEG teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft selbst für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten (vgl. dazu Jennißen, WEG, 2. Auflage, § 10 WEG Rnr. 66 m.w.N.) und damit auch für den ordnungsgemäßen und gefahrfreien Zustand des Grundstücks verantwortlich ist.
LG Saarbrücken, AZ: 5 S 107/13, 04.07.2014
§ 41 NachbG NRW bezieht sich auf den Abstand zur Grundstücksgrenze bei Anpflanzung, nicht aber auf von diesen herüberhängenden Zweigen.
Ein Anspruch aus §§ 910, 1004 BGB auf Rückschnitt von herüberhängenden Zweigen kommt nur in Betracht, wenn die Zweige zu einer Beeinträchtigung führen.
Der Mieter des Grundstücks, von dem die Beeinträchtigung ausgeht, kann allenfalls dann als Zustandsstörer angesehen werden, wenn er den beeinträchtigenden Zustand zwar nicht selbst herbeigeführt hätte, jedoch durch eine Weigerung, entsprechende Rückbaumaßnahmen zu dulden, den rechtswidrigen Zustand aufrecht erhielte.
LG Essen, AZ: 13 S 71/17, 01.12.2017
Der Anspruch auf Beseitigung bzw. Rückschnitt der vom Nachbargrundstück herüberragenden Äste verlangt keine Beeinträchtigung i.S.d. § 1004 BGB, da § 41 NachbG NW bereits tatbestandsausfüllend ist.
Ein Mieter kann nicht als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden.
AG Bottrop, AZ: 10 C 81/17, 22.08.2017
Rückschnittansprüche überhängender Zweige können nicht aus § 41 NachbG NW hergeleitet werden.
Der betroffene Eigentümer kann die Beseitigung nachbarlicher Störungen wie z.B. hinübergewachsene Äste und Zweige nach § 1004 BGB nur verlangen, wenn sie die Benutzung seines Grundstücks, ausgehend von der objektiven Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung und nicht vom subjektiven Befinden des Eigentümers, - nicht nur unwesentlich – beeinträchtigen.
OLG Köln, AZ: 4 U 18/10, 12.07.2011
Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Beseitigung oder Zurückschneiden wegen des Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlussfrist nicht mehr verlangen kann, kann für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zustehen.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 8/17, 27.10.2017
Der Eigentümer von Bäumen, die den in § 50 Abs. 1 Nds. NRG vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, muß sie auf Verlangen des Nachbarn nach dem Ablauf der Ausschlußfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NRG weder auf die zulässige noch auf eine andere Höhe zurückschneiden.
§ 910 Abs. 2 BGB gilt auch für den Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den Nachbarn auf Beseitigung herüberragender Zweige nach § 1004 Abs. 1 BGB.
Das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen gehört zu den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 102/03, 14.11.2003
Es ist unzumutbar, auf ein Nachbargrundstück herüberhängende Äste in einer Höhe von 10 Metern zurückzuschneiden.
Von derart hohen Ästen geht keine Beeinträchtigung auf das Nachbargrundstück aus, auch wenn ein Überhang von 5 Metern besteht.
Der Eigentümer eines Gartens muss den Befall durch Laub, Zweige und Pollen dulden, wenn er seinen Garten nutzen will.
AG Bottrop, AZ: 11 C 112/18, 16.07.2018
Ein 9 cm breiter Grenzzaun befindet sich auch dann noch auf der Grundstücksgrenze, wenn er bis zu 4 cm auf dem Nachbargrundstück steht.
Wurde der Grenzzaun ohne Zustimmung des Nachbarn errichtet, besteht kein Beseitigungsanspruch, wenn der Zaun der Ortsüblichkeit entspricht.
Bei einer Steinmauer handelt es sich nicht um eine Einfriedung, deren Zulässigkeit anhand der §§ 32 ff. NachbG NRW, insbesondere anhand der Ortsüblichkeit i.S.v. § 35 NachbG NRW, sondern als bauliche Anlage i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. I BauO NRW anhand der Vorschriften der BauO NRW zu beurteilen ist.
AG Bottrop, AZ: 10 C 279/18, 02.03.2021
Der Eigentümer, der eine Beeinträchtigung seines Eigentums selbst beseitigt hat, kann von dem nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu verpflichteten Störer Ersatz der zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, weil er ein Geschäft des Störers besorgt hat, oder, wenn sich die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht feststellen lassen, weil der Störer von seiner Beseitigungspflicht frei geworden und deshalb ungerechtfertigt bereichert ist.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 67/22, 23.03.2023
Die Abstandsflächen einer Hecke zum Nachbargrundstück sind von den äußeren Zweigen aus zu messen.
Gemäß § 1011 BGB ist ein Miteigentümer befugt, einen sich aus einer Eigentumsbeeinträchtigung ergebenden Anspruch allein geltend zu machen.
AG Essen-Borbeck, AZ: 5 C 818/23, 12.04.2024
§ 47 NachbG regelt nicht nur die Einhaltung eines Grenzabstandes, sondern beinhaltet auch einen Anspruch auf Zurückschneiden einer Hecke; jedoch ist die Voraussetzung erfüllt, dass die Klage auf Beseitigung binnen sechs Jahren nach dem Anpflanzen erhoben werden muss.
In den Fällen, in denen der Abstand unmittelbar von der Höhe der Anpflanzung abhängig ist, muss § 47 Abs. 1 NachbG NRW so ausgelegt werden, dass die Ausschlussfrist erst dann beginnt, wenn der vom Gesetz vorgeschriebene Abstand infolge der dort vorgegebenen Wachstumshöhe der Anpflanzung nicht mehr gewahrt ist.
Beweisbelastet ist die Partei, die die Anpflanzung auf ihrem Grundstück vorgenommen hat.
LG Essen, AZ: 10 S 58/24, 02.10.2024