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Bei leichter Fahrlässigkeit keine Haftung des Mieters; der Vermieter muss bei Leitungswasserschaden oder Brandschaden gegenüber der Gebäudeversicherung regulieren; §§ 242, 276, 548 BGB; 538 BGB a. F.
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 28/04, 03.11.2004
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Bei leicht fahrlässigem Verhalten ist der Mieter vor einem Rückgriff des Versicherers (§ 67 Abs. 1 Satz 1 VVG) durch den Gebäudeversicherungsvertrag geschützt. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 145, 393, 397 ff.; Beschluß vom 12. Dezember 2001 - XII ZR 153/99, VersR 2002, 433; Senatsurteil vom 14. Februar 2001 - VIII ZR 292/98, VersR 2001, 856 unter 2 b und c) ergibt eine ergänzende Auslegung dieses Vertrags im allgemeinen einen konkludenten Regreßverzicht des Versicherers für die Fälle, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat. Bei einem Leitungswasserschaden, der nach § 4 Nr. 1 VGB 88 ebenso wie der Brandschaden zu den in der Gebäudeversicherung versicherten Gefahren gehört, kann nichts anderes gelten.

Die versicherungsrechtliche Lösung schützt den Mieter allerdings nur, wenn der Vermieter/Versicherungsnehmer die Versicherung tatsächlich in Anspruch nimmt. Verzichtet der Vermieter darauf und fordert er unmittelbar Schadensersatz vom Mieter, wird dieser in seiner Erwartung enttäuscht, als Gegenleistung für die von ihm (anteilig) übernommenen Versicherungskosten im Schadensfall einen Nutzen von der Gebäudeversicherung zu haben. Der Vermieter hat dagegen insoweit, als er durch die Versicherung geschützt ist, im Regelfall kein vernünftiges Interesse daran, den Schadensausgleich durch den Mieter zu suchen, obwohl dieser bereits durch die Zahlung der Versicherungsprämie zur Deckung des Schadens beigetragen hat.

Aus dieser Interessenlage folgt - jedenfalls bei der hier vorliegenden offenen Abwälzung der Versicherungskosten auf den Mieter - die mietvertragliche Pflicht des Vermieters, die Versicherung in Anspruch zu nehmen (oder auf Schadensersatz zu verzichten), wenn ein Versicherungsfall vorliegt, ein Regreß des Versicherers gegen den Mieter ausgeschlossen ist und der Vermieter nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter hat.

Verletzt der Vermieter diese Pflicht, steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu, den er dem Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen seiner Obhutspflichtverletzung gemäß § 242 BGB ("dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est") entgegen halten kann.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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