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Überbürdung des Winterdienstes nur auf Mieter im Erdgeschoss formularmäßig unzulässig; §§ 535, 305ff, 242 BGB
AG Köln, AZ: 221 C 170/11, 14.09.2011
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Zwar kann ein Wohnungseigentümer und -vermieter eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht auch auf seine Mieter übertragen, was zur Folge hat, dass die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich verantwortlichen Vermieters sich auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht verkürzt. Der Mieter wird dann seinerseits deliktisch voll verantwortlich.

Voraussetzung für eine solche Übertragung von Verkehrssicherungspflichten ist dabei aber, dass sie klar und eindeutig erfolgt (vgl. BGH WuM 2008, 235 ff.; Palandt, BGB, 69. Auflage, § 823 Rn. 50), zudem auch den einzelnen Mieter nicht dadurch unangemessen benachteiligt, dass eine solche Überbürdung nur einzelne Mieter und nicht alle Mieter eines größeren Mietobjektes betrifft.

Dies ergibt sich zwar nicht aus den konkreten gesetzlichen Bestimmungen über die Inhaltskontrolle von Formularverträgen (§§ 305 ff. BGB bzw. zuvor AGB-Gesetz), da diese Bestimmungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht existiert haben. Die Unwirksamkeit ergibt sich jedoch nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, aus dessen Grundgedanken letztlich auch die heute anwendbaren Bestimmungen resultieren.

Eine Überbürdung des Winterdienstes ausschließlich auf die Mietparteien im Erdgeschoss stellt eine Ungleichbehandlung dar, die zum einen überraschend ist, als dass der Mieter mit einer solchen Regelung bei Vertragsabschluss nicht zu rechnen braucht, und die andererseits eine Überbürdung von Vermieterpflichten auf einzelne Mieter darstellt, die als nicht mehr zulässige Ungleichbehandlung der Mieter anzusehen ist und einzelne Mieter unangemessen benachteiligt.

Der Umstand, dass die Klägerin hier den Winterdienst in der Vergangenheit ausgeführt hat, ändert nichts daran, dass die Klausel unwirksam ist und eine zukünftige Verpflichtung für die Klägerin nicht mehr besteht. Zwar hat die Klägerin die Schneebeseitigung und die Streupflicht faktisch übernommen und die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters auf das Maß der Kontroll- und Überwachungspflicht begrenzt. Hieraus kann die Beklagte aber keine Rechtsfolgen auch für die Zukunft herleiten. Denn durch die Mitteilung des Klägers, den Winterdienst nicht mehr durchführen zu können, ist die faktische Übernahme der Verkehrssicherungspflicht durch die Klägerin beendet worden.
Die Entscheidung des AG Köln stellt eine in der neueren Rechtsprechung zu erkennende Tendenz dar, die Auferlegung des Winterdienstes auf den Mieter nicht immer für zulässig zu erachten. Vereinzelt wird auf das hohe Alter oder Gebrechlichkeit der verpflichteten Mieter verwiesen, vorliegend wird mit einer Ungleichbehandlung argumentiert, da nur die Mieter im Erdgeschoss zur Streu- und Schneeräumpflicht herangezogen wurden.

Für den Vermieter bedeutet dies ein erhebliches Haftungsrisiko, wenn der Winterdienst nicht wirksam auf den Mieter übertragen wurde.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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