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Anspruch auf Trennung von Versorgungsleitungen (hier: Heizung) trotz nachbarrechtlichem Gemeinschaftsverhältnis, §§ 242, 903 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 56/12, 08.02.2013
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Im Rahmen eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses begründet der Gedanke von Treu und Glauben in der Regel keine selbständigen Ansprüche, sondern wirkt sich hauptsächlich als bloße Schranke der Rechtsausübung aus.

Solche Ansprüche gegen den Grundstückseigentümer ergeben sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis aber in jedem Fall nur, wenn dies - über die gesetzlichen Regelungen hinausgehend - für einen billigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwingend geboten erscheint (BGH - V ZR 422/99 vom 31. Januar 2003 - V ZR 143/02, vom 29. Juni 2012 - V ZR 97/11; vgl. auch BVerfG, BVerfGK 11, 420, 433).

Die Mitbeheizung wie Duldung der Heizungsnutzung kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer gemeinschaftlichen Berechtigung an der Heizung auf Grund von § 743 Abs. 2 und § 745 Abs. 2 BGB verlangt werden. Eine Heizungsanlage in der Doppelhaushälfte steht nicht im Miteigentum der Parteien, mit der Folge, dass diese sie bis zu einer Auflösung der Gemeinschaft nach § 749 BGB gemeinschaftlich nutzen dürften, sondern im Alleineigentum des Eigentümers, auf dessen Grundstück sich die Anlage befindet.

Dafür muss nicht entschieden werden, ob eine Heizungsanlage überhaupt wesentlicher Bestandteil zweier verschiedener Gebäude sein kann. Eine Heizungsanlage ist zwar auch dann Bestandteil des Gebäudes, dessen Beheizung sie dient, wenn sie sich auf einem anderen Grundstück befindet als demjenigen, dem das Gebäude zugeordnet ist. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Heizungsanlage zur Errichtung des Gebäudes oder bei der Erneuerung oder dem Austausch der Heizungsanlage in das Gebäude eingefügt worden ist.

Haben die Parteien stillschweigend eine Versorgungsvereinbarung geschlossen, indem sie die bisherige Form der Versorgung des Grundstücks des Klägers mit Heizung und Warmwasser tatsächlich fortsetzten, ist diese Versorgungsvereinbarung in Rechtsanalogie zu § 604 Abs. 3 und § 671 Abs. 1 BGB jederzeit kündbar. Der Nachbar sollte für die Mitversorgung der Doppelhaushälfte kein Entgelt erhalten. Nach der aus den genannten Vorschriften zu entnehmenden Wertung des Gesetzgebers entspricht dem Fehlen eines Entgelts das Recht, das Vertragsverhältnis jederzeit zu beenden.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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