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Zur Nichtigkeit einer Verwalterwahl wegen Verstosses gegen § 4 Abs. 1 BDSG und der Einflussnahme durch den zur Neutralität verpflichteten Verwaltungsbeiratsvorsitzenden, §§ 29 WEG, 134, 242 BGB
AG Offenbach am Main, AZ: 320 C 181/09, 06.05.2011
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Die Art und Weise der Vorbereitung und Durchführung der Wah­len kann durch die Gemeinschaftsordnung, Geschäftsordnungsbeschluss oder durch den Versammlungsleiter nach billigem Ermessen festgelegt werden (vgl. Bärmann, WEG, 10. Aufl. 2008, § 23 Rn. 36). Dies muss aber dort seine Grenze fin­den, wo gegen grundlegende Regeln des Wahlrechts in gravierender Weise verstoßen wird, da andernfalls dem Erbbauberechtigten faktisch sein Stimmrecht genommen und die in den Kembereich elementarer Mitgliedschaftsrechte fallende Befugnis abgeschnitten wird, auf die Willensbildung der Gemeinschaft Einfluss zu nehmen. Derartige Verstöße müssen die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse nach §§ 134, 242 BGB nach sich ziehen.

Es stellt einen gravierenden Verstoß gegen das Gebot der Erfolgschancengleichheit dar, dass der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates seine Stellung aus­genutzt hat, um mit den Einladungen werbende Schreiben an die Erbbauberechtigten zu versenden. Der Verwaltungsbeirat hat gemäß § 29 Abs. 2 WEG die Funktion, den Verwal­ter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. Er genießt typischerweise besonderes Vertrauen in der Gemeinschaft. Demgemäß handelt es sich bei den Mitgliedern des Verwaltungsbeirates nicht um irgendwelche Erbbauberechtigte, sondern um solche mit einer herausgehobenen Funktion, die in engem Zusammenhang mit der Verwaltertä­tigkeit steht. Äußerungen der Mitglieder des Verwaltungsbeirates sind daher in besonde­rem Maße dazu geeignet, Einfluss auf das Verhalten der übrigen Erbbauberechtigten im Zusammenhang mit der Wahl des Verwalters auszuüben. Aus diesem Grunde muss sich ein Mitglied des Verwaltungsbeirates, wenn es in dieser Funktion zu einer Erbbauberechtigtenversammlung einlädt, auf der die Wahl des Verwalters ansteht, neutral verhalten.

Einen weiteren gravierenden Verstoß stellte es dar, wenn die aktuelle Verwalterin unter Verwendung interner Daten ein werbendes Schreiben an die Erbbauberechtigten versandt hat (vgl. OLG Saarbrücken, NZG 2008, 677, 678), Selbst wenn sie die Daten von einem der Erbbauberechtigten erhalten haben sollte, wäre ihre Nutzung gemäß § 4 Abs. 1 BDSG unzulässig gewesen.


Diese Entscheidung wurde eingereicht durch:

Dr. Dr. Peter Kunth, Frankfurt am Main
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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