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Kläger haftet wegen Treuepflichten der Wohnungseigentümer für Zustellungsfehler des Gerichts; § 46 WEG
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 17/24, 25.10.2024
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In wohnungseigentumsrechtlichen Beschlussanfechtungsverfahren trifft den Kläger die Obliegenheit, bei Verzögerungen der Klagezustellung spätestens innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Monatsfrist zur Erhebung der Anfechtungsklage bei Gericht den Sachstand zu erfragen, selbst wenn er alle für eine ordnungsgemäße Klagezustellung von ihm geforderten Mitwirkungshandlungen erbracht, insbesondere den Gerichtskostenvorschuss ordnungsgemäß gezahlt hat.

Erfüllt der Kläger diese Obliegenheit nicht, beginnt der ihm im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 167 ZPO ("demnächst") zuzurechnende Zeitraum einer Zustellungsverzögerung.

Aus der Treuepflicht der Wohnungseigentümer in wohnungseigentumsrechtlichen Beschlussanfechtungsverfahren ergibt sich eine Pflicht zur Sachstandsanfrage bei Gericht, wenn es zu Verzögerungen im Zustellungsverfahren durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts kommt.
Da hat der BGH mal wieder die Anwaltschaft in die Pflicht genommen, nicht nur die gesetzlichen Fristen und die vom Gericht gesetzten Fristen einzuhalten, sondern auch noch darauf zu achten, dass die Gerichte ihre Aufgaben fristgerecht erfüllen. Neben der Anfechtungsfrist, der Anfechtungsbegründungsfrist und der Kostenvorschussfrist müssen Kläger in einem wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren auch noch die Untätigkeit der Gerichte überwachen und notfalls für Säumnisse eines Richters haften.

Die vorliegende vierjährige Untätigkeit von Gericht und Kläger ist natürlich kaum nachzuvollziehen, dennoch ist die Jahresfrist sehr kurz bemessen. Treuepflichten der Wohnungseigentümer auf prozessuale Prozessflörderungspflichten ausweiten, ist auch eine sehr ambitionierte Rechtsauffassung, die nicht überzeugt.

Wenn man bedenkt, dass auf den meisten Geschäftsstellen der Gerichte telefonisch kaum jemand erreichbar ist, schriftliche Anfragen mit Wochen Verspätung beantwortet werden und man harsch von den Geschäftsstellen daran erinnert wird, dass eine völlige Arbeitsüberlastung der Gerichte durch überflüssige Sachstandsnachfragen zu weiteren Verzögerungen führt, selbst beschleunigte Räumungsverfahren erst nach anderthalb Jahren terminiert werden, Streitwertbeschwerden und Kostenfestsetzungsverfahren bis zu zwei Jahren dauern, fragt man sich, ob der BGH verinnerlicht hat, welche Zustände im Instanzenzug teilweise herrschen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop