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Wie muss über eine jahresübergreifende Sonderumlage abgerechnet werden?
AG Kiel, AZ: 111 C 79/24, 19.12.2024
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Ruft ein Nichtberechtigter die Versammlung der Eigentümer ein, sind auf dieser Versammlung gefasste Beschlüsse anfechtbar, nach h.M. aber nicht nichtig. Das gilt auch für einen Verwalter, der dazu nicht mehr berufen ist.

Vorjahresrückstände sind nicht Bestandteil der Jahresabrechnung und die Wohnungseigentümer dürfen nicht auf diese Weise eine eigenmächtige Novation vornehmen und damit die Verjährung umgehen (BGH V ZR 235/23). Grundlage des Anspruchs auf Zahlung der rückständigen Vorschüsse bleibt der nach § 28 Abs. 1 S. 1 WEG gefasste Beschluss. Ein Beschluss mit dem Inhalt einer Neubegründung (Novation) solcher (unter Umständen schon verjährten) Ansprüche ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.

Die Abrechnung von Sonderumlagen zur Finanzierung von baulichen Maßnahmen, die sich über mehrere Abrechnungsperioden erstrecken, kann im Zuflussjahr so geschehen, dass die aufgebrachten, aber noch nicht verwendeten Mittel in der Abrechnung des ersten Abrechnungsjahres als Guthaben ausgewiesen werden, das aufgrund seiner Zweckbindung in diesem Jahr nicht in der Einzelabrechnung auf die Wohnungseigentümer zu verteilen ist.

Der aus einer im Vorjahr erhobenen Sonderumlage für eine erst im Folgejahr beendete Baumaßnahme verbliebene Liquiditätsüberschuss ist im Rahmen der Abrechnung des Folgejahres auszukehren.

Eine gesonderte Abrechnung der Sonderumlage entspricht grundsätzlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Wegen ihrerZweckbestimmung dürfen unverbrauchte Gelder aus einer Sonderumlage zur Finanzierung einer bestimmten Maßnahme auch nicht ohne Weiteres der Erhaltungsrücklage zugeführt werden. Erforderlich
ist ein entsprechender Beschluss der Wohnungseigentümer.

Ein Beschluss, der nicht eindeutig erkennen lässt, wen die Gemeinschaft verklagen will, ist mangels Bestimmtheit nichtig.
Die Entscheidung des AG Kiel ist in allen Punkten zutreffend.

Über eine im Vorjahr (2020) beschlossene Sonderumlage, die für eine Maßnahme im laufenden Wirtschaftsjahr (2021) verwendet wird, muss mit der Jahresabrechnung (2021) abgerechnet werden. Guthaben sind an die Eigentümer auszukehren und dürfen ohne Beschlussfassung nicht der Erhaltungsrücklage zugeführt werden.

Dass eine Ist-Abrechnung nicht zulässig ist und ein dahingehender Beschluss nichtig ist, entspricht ständiger Rechtssprechung und ist keine Besonderheit mehr. Dass es immer noch (professionelle) Verwalter gibt, die nicht wissen, dass eine Soll-Abrechnung mit Abrechnungsspitze zu beschließen ist, begründet einen Regress des Verwalters bzgl. der Verfahrenskosten für das Anfechtungsverfahren.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop