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Wie bestimmt muss ein Beschluss über die Genehmigung einer baulichen Veränderung sein?
LG Dortmund, AZ: 1 S 62/24, 03.12.2024
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An die Bestimmtheit von Beschlüssen sind keine überzogenen Anforderungen - auch nicht an die mögliche Bezugnahme - zu stellen.

Ob die Angebote tatsächlich zur Beschlusssammlung gelangten bzw. die Verwaltung diese als Anhang zum Protokoll mitübersandt hatte, ist für die Feststellung der Nichtigkeit wegen fehlender Bestimmtheit des Beschlusses ohne Bedeutung, zumal die Beschlusssammlung bzw. deren Anhänge jederzeit ergänzt bzw. berichtigt werden können. Den Klägern bleibt es unbenommen, hierauf hinzuwirken und / oder von der Verwaltung ein vollständiges Protokoll anzufordern.

Soweit der angefochtene Beschluss auf zwei Angebote Bezug nimmt und sich nicht für ein Angebot explizit entscheidet, steht dieser Umstand im konkreten Einzelfall der Annahme der Bestimmtheit ausnahmsweise nicht entgegen, wenn aus beiden Angeboten eine fast identische Ausführungsweise hervorgeht. Die GdWE hat mit dem angefochtenen Beschluss beide Varianten genehmigt.

Würde die Bestimmtheit des Beschlusses hieran scheitern, wäre die GdWE - gerade auch bei größeren Bau- oder Sanierungsaufträgen - letztlich nicht mehr handlungsfähig, wenn bei jedem Angebotsteil auch zugleich über die jeweiligen Details abzustimmen wäre. Darüber hinaus ist es nicht unüblich, dass in einem Angebot u.U. auch Varianten in der Art der Ausführung vorhanden sind, über die indes erst aufgrund der baulichen Gegebenheiten bei der Ausführung entschieden werden kann.


Sollten sich bei der Ausführung eines der Angebote insoweit erhebliche Abweichungen ergeben, die insbesondere das genehmigte Erscheinungsbild und die nach verständiger Auslegung zu erwartenden Ausmaße betreffen, ist der die baulichen Veränderungen vornehmende Eigentümer gehalten, sich diese vor Ausführung genehmigen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2023 - V ZR 140/22).

Der angegriffene Beschluss verhält sich nicht nur über die Gestattung des ,,ob" der Gestattung der beabsichtigten baulichen Veränderung, sondern gibt in den Grenzen der beiden dem Wohnungseigentümer zur alternativen Auswahl gelassenen Angebote bereits die Art der Ausführung vor, so dass die GdWE nicht über die konkrete Durchführung (das,,Wie") erneut zu beschließen hat.

Soweit die Berufung rügt, dass die Farbwahl bei den Stützelementen und der Markise nicht geregelt sei, liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung vor.

Die Gestattung einer baulichen Veränderung mit der Befugnis, dem Mitglied, welches die Gestattung begehrt, auf der Grundlage der in den Angeboten eingeschränkten Farbauswahl, im Detail eine gewisse Gestaltungsfreiheit bei der Farbwahl zu überlassen, ist ebenfalls vom weiten Ermessen der Wohnungseigentümer gedeckt.

Insoweit liegt auch kein Blankettbeschluss vor. Das Mitglied der GdWE, das die bauliche Veränderung begehrt und dem die Farbwahl gestattet ist, ist in seiner Entscheidungsfreiheit bereits durch § 20 Abs. 4 WEG beschränkt. Die dem Wohnungseigentümer übertragene Wahl kann er nur dahingehend ausüben, dass die Grenzen der grundlegenden Umgestaltung (§ 20 Abs. 4 WEG) nicht überschritten werden.
Die Entscheidung des LG Dortmund orientiert sich an der vom BGH (V ZR 215/21) gelockerten Rechtsprechung zur Bestimmtheit von Beschlüssen, wonach die Wohnungseigentümer keine unwirksamen Beschlüsse fassen wollen und Beschlüsse einer Auslegung zugänglich sind.

Dies führt zu zwar Rechtsunsicherheiten, da keine sichere rechtliche Bewertung mehr möglich ist, berücksichtigt aber das Interesse der juristisch nicht geschulten GdWE an einer ordnungsgemäßen Verwaltung, auch wenn es aufgrund der Einfallentscheidung zu abweichenden Entscheidungen in der Rechtsprechung führen und das Prozessrisiko erhöhen wird.

Überraschend ist, dass das LG Dortmund die Möglichkeit der freien Farbgestaltung über § 20 Abs. 4 WEG begrenzen will. Die bisherige Tendenz in der Rechtsprechung und Literatur gehen eher dahin, die grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage eng zu fassen und farbliche Abweichungen gerade nicht von § 20 Abs. 4 WEG erfassen zu lassen. Insoweit bleibt abzuwarten, wie die Kammer sich positionieren wird, wenn diese Frage in einem konkreten Einzelfall zur Klärung ansteht.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop