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Zum Anspruch auf Änderung einer bestandskräftigen Jahresabrechnung bei rechtskräftiger Ungültigerklärung einer unwirksamen Änderung der Kostenverteilung; §§ 28 WEG; 242 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 251/21, 16.06.2023
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§§ 28 WEG; 242 BGB
1. Wird ein der Jahresabrechnung zugrunde liegender Beschluss über eine von dem Gesetz oder einer Vereinbarung abweichende Kostenverteilung rechtskräftig für ungültig erklärt, ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu der Erstellung einer korrigierten Jahresabrechnung verpflichtet und kann jeder Wohnungseigentümer eine solche verlangen; über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse haben die Wohnungseigentümer auf der Grundlage der korrigierten Abrechnung neu zu beschließen (Fortführung von Senat, Urteil vom 10. Juli 2020 - V ZR 178/19, WuM 2020, 595 Rn. 23 ff.).

Eine gegen den Beschluss über die Jahresabrechnung gerichtete Anfechtungsklage wäre mit einem erheblichen Prozess- und Kostenrisiko behaftet gewesen, das der Wohnungseigentümer vernünftigerweise nicht eingehen musste.

Zudem musste der Wohnungseigentümer damit rechnen, dass eine Klage gegen die (zunächst korrekte) Jahresabrechnung sogleich abgewiesen werden würde. Vor diesem Hintergrund durfte der Wohnungseigentümer zunächst den Ausgang des Vorprozesses abwarten und darauf vertrauen, dass eine dort zu seinen Gunsten ergehende gerichtliche Entscheidung ohne die vorsorgliche Erhebung einer weiteren, gegen den Beschluss über die Jahresabrechnung gerichteten Anfechtungsklage - gegebenenfalls im Wege eines abändernden Zweitbeschlusses - berücksichtigt werden würde.

Nur so wird gewährleistet, dass der durch eine erfolgreiche Anfechtungsklage verwirklichte Minderheitenschutz nicht dadurch faktisch entwertet wird, dass sich die Mehrheit auf die Bestandskraft des bereits auf der Grundlage der Jahresabrechnung gefassten Beschlusses beruft, obwohl der in der Abrechnung zugrunde gelegte Kostenverteilungsbeschluss rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist.

2. Wird ein Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung, der einer bereits beschlossenen Jahresabrechnung zugrunde liegt, rechtskräftig für ungültig erklärt, muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach Treu und Glauben von der weiteren Durchsetzung der Nachschussforderungen aus der Jahresabrechnung absehen.

Weil mit der Rechtskraft des Urteils, mit dem ein in der Abrechnung berücksichtigter Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung für ungültig erklärt wird, lediglich die Durchsetzbarkeit der Nachschussforderung entfällt, müssen bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Schäden wegen Zahlungsverzugs von einem säumigen Wohnungseigentümer ersetzt werden. Eine bereits erhobene Zahlungsklage kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ab diesem Zeitpunkt für erledigt erklären mit der Folge, dass die Kosten regelmäßig dem säumigen Wohnungseigentümer aufzuerlegen sind.

Ab Eintritt der Rechtskraft des eine beschlossene Kostenverteilung für ungültig erklärenden Urteils widerspricht deshalb die weitere Durchsetzung einer Verpflichtung zur Zahlung von Nachschüssen (negative Abrechnungsspitze), die sich aus einer auf diesen Beschluss gestützten Jahresabrechnung ergibt, ordnungsmäßiger Verwaltung und verstößt gegen Treu und Glauben.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: REchtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop