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Änderung des Kostenverteilerschlüssel gem. § 16 Abs. 2 WEG muss bei Sanierungsstau verfassungskonform ausgelegt werden
AG Potsdam, AZ: 31 C 43/22, 20.10.2022
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Da es sich bei der Möglichkeit, abweichende Kostenregelungen zu beschließen, um eine Kann-Regelung handelt, obliegt es den Wohnungseigentümern, im Rahmen ihrer Beschlussfassung eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zu fällen und eine Interessenabwägung durchzuführen. Maßstab für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung sind dabei die Möglichkeit des Gebrauchs, Verteilungsgerechtigkeit, aber auch die Berücksichtigung schutzwürdigen Vertrauens.

Zwar findet sich in der Gesetzesbegründung explizit, dass eine veränderte Kostenregelung für die Sanierung von Fenstern durch die Gesetzesänderung ermöglicht werden soll (BT-Drucks. 268/20, S. 60). Nicht berücksichtigt im konkreten Fall ist jedoch, dass bis zur Gesetzesänderung entstandener Sanierungsstau, welcher bis dahin nach Quadratmetern umzulegen gewesen wäre, einseitig und massiv zu Lasten solcher Eigentümer, in deren Einheiten sich deutlich mehr Fenster befinden als in anderen, verschoben würde.

Dies führt dazu, dass im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 16 Abs. 2 WEG Wohnungseigentümer bei einer Beschlussfassung über einen veränderten Kostenverteilungsschlüssel zu Sanierungskosten insbesondere berücksichtigen müssen, welche Kosten bis zur Beschlussfassung, mindestens aber bis zur Gesetzesänderung, für welchen Wohnungseigentümer angefallen wären. Sofern eine beabsichtigte Neuregelung der Kostenverteilung massiv hiervon abweicht, ist zu prüfen, ob es sachliche Gründe für diese Regelung gibt, dennoch denKostenschlüssel, wie beabsichtigt, zu ändern.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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