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Kein Zurückbehaltungsrecht von Mieten wegen unzureichender Anlage der Kaution durch den insolventen Vermieter, §§ 273 Abs. 1, 551 Abs. 3 BGB; 108 Abs. 3, 108 Abs. 1, 38 InsO
BGH Karlsruhe, AZ: IX ZR 9/12, 13.12.2012
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Der Mieter kann ohne die Insolvenz des Vermieters seinen Anspruch auf Einzahlung der Mietsicherheit auf ein auf seinen Namen lautendes Sonderkonto gegenüber der Schuldnerin durchsetzen, sei es im Wege einer Aktivklage, sei es durch Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts in Höhe des Kautionsbetrages an der laufenden Miete (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007- IX ZR 132/06). Der Mieter hätte die Zahlung der Kaution nach Vertragsschluss von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos durch die Schuldnerin abhängig machen können. In der Insolvenz kann der Mieter die vorgenannten Ansprüche jedoch nur nach §§ 38, 87 InsO als Insolvenzforderungen verfolgen.

Ein allein auf § 273 Abs. 1 BGB gestütztes Zurückbehaltungsrecht hat zugunsten bloßer Insolvenzgläubiger innerhalb des Insolvenzverfahrens keine Wirkung.

Bei dem Anspruch des Mieters auf vertragsgemäße Anlage der Mietsicherheit handelt es sich um eine einfache Insolvenzforderung nach § 38 InsO. Ansprüche aus einem gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO nach Insolvenzeröffnung fortbestehenden Mietverhältnis sind allerdings Masseverbindlichkeiten, wenn ihre Erfüllung für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO). Ansprüche für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Mieter dagegen gemäß § 108 Abs. 3 InsO nur als Insolvenzgläubiger geltend machen (BGH, Urteil vom 3. April 2003 - IX ZR 163/02).Daraus ergibt sich geradezu zwingend, dass der Anspruch des Mieters auf insolvenzfeste Anlage des Kautionsbetrags nur als einfache Insolvenzforderungen geltend gemacht werden können.

Will der Mieter sich vor einem Verlust der Mietsicherheit in der Insolvenz seines Vermieters schützen, kann er von den ihm eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch machen, den Anspruch auf Anlage der Kaution vor Eintritt der Insolvenz durchzusetzen, indem er seinen Vermieter durch geeignete Maßnahmen dazu zwingt, die Kaution auf ein insolvenzfestes Sonderkonto einzuzahlen (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR 98/10).

Ebenso wenig rechtfertigt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Kautionsanspruch des Mieters gegen den Zwangsverwalter die Entscheidung des Berufungsgerichts. Allerdings kann danach der Mieter gegenüber dem an die Stelle des insolventen Vermieters getretenen Zwangsverwalter die Rückgewähr der Kaution und ihre insolvenzfeste Anlage beanspruchen und insoweit auch ein Zurückbehaltungsrecht an der laufenden Miete bis zu einem Betrag in Höhe der gezahlten Mietkaution nebst Zinsen geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn der Verwalter die Kaution vom Vermieter nicht erhalten hat (BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, NZM 2005, 596, 598; vom 11. März 2009 - VIII ZR 184/08, NJW 2009, 1673 Rn. 8; vom 23. September 2009 - VIII ZR 336/08, NJW 2009, 3505 Rn. 11). Der Grund liegt in § 152 Abs. 2 ZVG, wonach der Mietvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam ist.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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