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Drei Vergleichsangebote auch in Zeiten von Corona erforderlich / Gemeinschaft darf durch Instandsetzungsmassnahme begünstigten Wohnungseigentümer nicht die Mehrheit der Kosten auferlegen.
AG Gladbeck, AZ: 51 C 16/21, 29.04.2022
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Die Gemeinschaft ist nicht berechtigt, durch einen Mehrheitsbeschluss konstitutive Ansprüche gegen einen einzelnen Eigentümer zu begründen (hier Kostentragung der Sanierung des eigenen Balkons), diesem also Kosten aufzuerlegen, für die ein Direktanspruch nicht bereits besteht.

Ein entsprechender Beschluss ist nicht anfechtbar, sondern nichtig ist. Dabei kommt es auf die näheren Umstände insoweit vorliegend nicht an, als insbesondere der Klägerin nicht entgegengehalten werden kann, sie habe schließlich der Beschlussfassung zugestimmt.

Auch in der Corona-Pandemie sind grds. drei Vergleichsangebote für Instandsetzungsmassnahmen einzuholen.

Selbst wenn viele Unternehmen nicht bereit waren, Angebote abzugeben, muss die Verwaltung alles unternehmen, um eine vernünftige Beschlussgrundlage für die Gemeinschaft zu schaffen und in der Versammlung vorzulegen.
Die Entscheidung des AG Gladbeck dürfte insoweit zutreffend sein, als auch während der Corona-Pandemie ein Angebot grds. nicht ausreichend ist. Wie die fehlenden, weil nicht eingereichten Angebote allerdings kompensiert werden könnten, lässt das Amtsgericht leider offen.

§ 16 Abs. 2 S. 2 WEG n.F. legt fest, dass die Eigentümer für einzelne Kosten eine von der Teilunsgerklärung abweichende Kostenregelung beschließen können. Das eine vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehene Abweichung der Kostentragung durch Beschluss aufgrund eines nicht gegebenen "Direktanspruchs" - was auch immer hierunter zu verstehen sein soll - nichtig sein soll, ist nicht nachvollziehbar.

Bereits anch dem alten WEG-Recht gab es in § 16 Abs. 4 WEG eine ähnliche Regelung, so dass sich diese Rechtsauffassung des Amtsgerichts auch nicht mit der Unkenntnis der neuen Gesetzeslage rechtfertigen lässt.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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