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Unterlassungsansprüche wegen Störung des Gemeinschaftseigentums kann nur von der WEG geltend gemacht werden; §§ 9a WEG, 1004 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 106/21, 28.01.2022
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Beeinträchtigen oder erschweren andere Wohnungseigentümer oder Dritte den Zugang zum Sondereigentum durch Hindernisse im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums, können Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche gemäß § 9a Abs. 2 WEG allein durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden; das gilt auch dann, wenn die Hindernisse brandschutzrechtlich unzulässig sind (hier: Halten in einer Feuerwehrzufahrt).

Dass der Zugang zu dem Sondereigentum durch solche Hindernisse erschwert wird, reicht für sich genommen nicht aus, um eine eigene Prozessführungsbefugnis des Sondereigentümers zu begründen. Anders könnte es allerdings liegen, soweit das Sondereigentum nach dem Klagevortrag (nicht nur kurzfristig) nicht mehr erreichbar wäre; dann wäre die Nutzbarkeit des Sondereigentums nämlich unmittelbar betroffen.

Brandschutzrechtliche Erwägungen begründen die Prozessführungsbefugnis der Klägerin ebenfalls nicht. Dass die schnelle und zuverlässige Erreichbarkeit der Wohnungseigentumsanlage für Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge auch für das Sondereigentum von elementarer Bedeutung ist, ändert nichts daran, dass sich die Störungsquelle im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums befindet und die Gefahrenabwehr nach der Gesetzeskonzeption der GdWE zugewiesen.

Der einzelne Sondereigentümer kann unter den Voraussetzungen von § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG ein Einschreiten der GdWE beanspruchen und mit einer Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) durchsetzen; auch wenn noch ungeklärt ist, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen eine Pflicht zum Einschreiten anzunehmen ist, wird eine solche jedenfalls bei gravierenden brandschutzrechtlichen Verstößen regelmäßig zu bejahen sein.

Ein Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, der im Widerspruch zu bauordnungsrechtlichen Vorschriften eine Duldung des regelmäßigen Haltens von Lieferfahrzeugen in der auf dem Grundstück der Wohnungseigentümer befindlichen Feuerwehrzufahrt zusagt, ist nichtig.
Die Rechtsprechung des BGH zur neuen Gesetzeslage ist mittlerweile in Stein gemeißelt. Unterlassungsansprüche können - abgesehen von Altfällen während der nicht existierenden Übergangsregelung - nur noch von der Gemeinschaft selber geltend gemacht werden.

Weigert sich die Gemeinschaft tätig zu werden, muss erst Beschlussersetzungsklage gegen die Gemeinschaft erhoben werden, auch wenn ein Dritter die Störung verursacht.

Das erleichert nicht gerade die Durchsetzung der Rechte des einzelnen Eigentümers und führt zu doppelter Inanspruchnahme der Gerichte, ist aber der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, der eigentlich eine Entlastung von WEG-Verfahren beabsichtigt hatte.

Es ist aber nach wie vor möglich, dass die WEG einen einzelnen Wohnungseigentümer ausdrücklich ermächtigt, Unterlassungsansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Dies soll nach Auffassung des BGH auch nach dem neuen WEG zulässig sein und bedarf eines Beschlusses durch die Wohnugnseigentümergemeinschaft.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop