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Wohnungseigentümergemeinschaft haftet grds. nicht für Pflichtverletzungen eines beauftragten Winterdienstes; § 823 BGB
OLG Karlsruhe, AZ: 9 U 34/19, 07.12.2020
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Zu § 823 Abs. 1 BGB ist anerkannt, dass Verkehrssicherungspflichten auf einen Dritten übertragen werden können. Erforderlich ist eine klare Absprache, aus der sich muss ergeben, dass der Dritte die Verantwortung für die zunächst den Übertragenden treffenden Verkehrssicherungspflichten in vollem Umfang übernimmt.

Die Übertragung der Räum- und Streupflicht im Winter von einer Wohnungseigentümergemeinschaft auf einen professionellen Hausmeisterdienst ist ein typischer Fall einer zulässigen Delegation der Verkehrssicherungspflicht.

Eine Haftung des Grundstückseigentümers wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht kann allerdings auch bei einer Übertragung der Räum- und Streupflicht noch in Betracht kommen, wenn Überwachungs- und Kontrollpflichten verletzt werden.

Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass bei der Verletzung einer Räum- und Streupflicht durch einen Hausmeisterdienst typischerweise gleichzeitig der Auftraggeber Überwachungs- und Kontrollpflichten verletzt hat (vgl. OLG Hamm, MDR 2012, 465).

Bei der Übertragung von Verkehrssicherungspflichten auf ein Fachunternehmen darf sich der Übertragende im Allgemeinen auf deren Erfüllung verlassen und muss nicht ohne konkreten Anhalt alle Einzelheiten kontrollieren.

Bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist in der Regel davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer selbst ein starkes Interesse daran haben, dass im Winter keine gefährlichen Glättebildungen auf den von den Bewohnern benutzten Flächen vorhanden sind. Es ist daher grundsätzlich zu erwarten, dass gefährliche Glättebildungen und mögliche Unzulänglichkeiten in der Tätigkeit eines Hausmeisterdienstes von den Bewohnern umgehend der Verwalterin mitgeteilt werden.

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Beklagte Hinweise auf eine unzuverlässige Tätigkeit des Streithelfers beim Winterdienst erhalten hätte, oder, wenn sie am 24.01.2017 in der Zeit vor dem Sturz der Klägerin Hinweise von einem Bewohner auf eine nicht ausreichende Wahrnehmung der Streupflicht durch den Streithelfer erhalten hätte.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.12.2020; Az.: 9 U 34/19
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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