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Eine UG (haftungsbeschränkt) kann kein WEG-Verwalter sein, §§ 26 Abs. 1 WEG, 5a GmbHG
LG Karlsruhe, AZ: 11 S 7/10, 28.06.2011
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Auf die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) lässt sich diese Argumentation einer GmbH als WEG-Verwalterin nicht übertragen. Bei dieser muss zwar das Stammkapital sofort in voller Höhe als Bareinlage eingezahlt werden (§ 5a Abs. 2 GmbHG), allerdings muss es lediglich mindestens einen Euro betragen. Auch wenn das Stammkapital immerhin 500,00 EUR beträgt, ist dies im Hinblick darauf, dass bei der Eigenart der Tätigkeit eines Verwalters, die insbesondere auch die Verwaltung fremden Vermögens und fremder Gelder umfasst, bereits bei einem Einzigen Fall fahrlässigen Handelns schnell wesentlich höhere Schäden entstehen können, ein verschwindend geringer Betrag. Berücksichtigt man weiter, dass vom Stammkapital auch noch die Gründungskosten abgehen, und dass ein gewerbsmäßig tätiger Verwalter regelmäßig nicht nur ein Objekt, sondern mehrere verwaltet, ist die für eine eventuelle Haftung zur Verfügung stehende Summe ersichtlich nicht ausreichend, um die Verwalterbestellung noch als ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechend qualifizieren zu können, denn die Inanspruchnahme des Verwalters auf Schadensersatz im Falle etwaiger Pflichtverletzungen liefe regelmäßig wirtschaftlich gesehen ins Leere.

Auch wenn eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) im Einzelfall ein höheres Stammkapital aufweisen kann und insbesondere nach einigen Jahren, wenn sie ihrer Verpflichtung zum Aufbau einer gesetzlichen Rücklage nach § 5a Abs. 3 GmbHG nachgekommen ist, auch Unternehmergesellschaften, die mit niedrigem Stammkapital gegründet wurden, über eine größere Haftungsmasse verfügen können. Realiter zeichnet sich die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) jedoch gerade dadurch aus, dass sie typischerweise über eine niedrige Kapitalausstattung verfügt.

Den Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft trifft als sogenanntes Fremdorgan, das die Wohnungseigentümer im Rahmen seiner Vertretungsmacht nach außen unbeschränkt und gesamtschuldnerisch verpflichten kann (vgl. z. B. Staudinger/Bub, BGB, 13. Bearbeitung, Rn. 99 zu § 26 WEG), jedoch eine hohe Verantwortung. Gerade wegen des fehlenden Schutzes durch öffentlich-rechtliche Vorschriften (die Ausübung des Verwalterberufes bedarf keiner Zulassung und keines Befähigungsnachweises) und der wichtigen Funktion des Verwalters haben die Wohnungseigentümer bei der Auswahl in besonderem Maße sorgfältig vorzugehen.

Das LG Karlsruhe hält es wegen der geschilderten Gefahren, wegen des trotz des Grundrechts der Berufsfreiheit nicht zu vernachlässigenden Schutzbedürfnisses aller Wohnungseigentümer und auch wegen der Bedeutung des Rechtsguts Wohnung für das Gemeinwesen jedoch nicht für verantwortbar, zunächst abzuwarten, bis sich die bestehenden Gefahren in der Realität in Form von insolventen Immobilienverwaltungsgesellschaften und Wohnungseigentümern, für deren Schäden niemand haftbar gemacht werden kann, verwirklicht haben. Allenfalls dann, wenn besondere Umstände vorliegen, kann nach Auffassung der Kammer die Bestellung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) zum Verwalter ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.

Als besondere Umstände kommen beispielsweise das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung mit ausreichender Deckungssumme, die Stellung sonstiger Sicherheiten, eine freiwillige Mitgliedschaft in einem der Berufsverbände o. ä. in Betracht. Derartiges ist vorliegend nicht behauptet worden.
Der BGH hat die Rechtsprechung des LG Karlsruhe mit einer etwas modifizierten Begründung mittlerweile bestätigt, dabei jedoch nicht auf die Rechtsform der Gesellschaft abgestellt, sondern auf auf die Bonität des Verwalters allgemein. Bei einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft wird man bei einem Stammkapital von 500,00 EUR ohne weitere Sicherheiten immer von einer fehlenden Bonität ausgehen müssen.

Wird die Bonität der haftungsbeschränkten UG nicht überprüft, sind derartige Verwalterbestellungen zwar nicht mehr nichtig, wohl aber anfechtbar.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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