Kostenlose Urteile und Gerichtsentscheidungen

Detailansicht Urteil

Keine Befugnis des WEG-Verwalters zur Kreditaufnahme bei der Besorgung seiner Geschäfte gem. § 27 Abs. 1 WEG
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 197/10, 18.02.2011
Entscheidung
im Volltext
herunterladen
1. Eine Befugnis zur Kreditaufnahme bei der Besorgung seiner Geschäfte steht dem Verwalter nach § 27 Abs. 1 WEG nicht zu; hierfür bedarf es vielmehr eines ermächtigenden oder genehmigenden Beschlusses der Wohnungseigentümer (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1993 - VIII ZR 109/92, NJW-RR 1993, 1227, 1228).

2. Ob ein Ersatzanspruch des Verwalters nach §§ 675, 670 BGB für die Aufwendungen zur Bezahlung von Instandhaltungsmaßnahmen stets auszuschließen ist, wenn er diese (auch) durch einen Kontokorrentkredit finanziert hat, ist allerdings deshalb zweifelhaft, weil der Verwalter einen Beschluss der Wohnungseigentümer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG unverzüglich durchzuführen hat und andernfalls schadensersatzpflichtig werden kann (BayObLG NJW-RR 1996, 657, 658; 2000, 1033, 1034; NZM 2002, 705, 706; Heinemann in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 27 Rn. 24; Merle in Bärmann, WEG, 10. Auflage, § 27 Rn. 36).

3. Die Befugnis des Verwalters, die Durchführung des Beschlusses zu verweigern, wenn ihm die Wohnungseigentümergemeinschaft die nötigen Mittel im Wege eines Vorschusses nach § 669 BGB - üblicherweise aus der Instandsetzungsrücklage oder aus einer zu beschließenden Sonderumlage (vgl. Timme/Elzer, WEG, § 21 Rn. 261) - nicht bereitstellt (vgl. BGH, Urteile vom 27. März 1980 - VII ZR 214/79, BGHZ 77, 60, 63 und vom 20. Mai 1985 - VII ZR 266/84, BGHZ 94, 330, 334), hilft in den Fällen nicht, in denen sich erst bei Auftragsausführung herausstellt, dass die für die Durchführung der beschlossenen Maßnahme vorhandenen Mittel unzureichend sind.

4. Die Leistungen des Verwalters in Erfüllung der ihm nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG obliegenden Pflicht, die Instandsetzungsarbeiten wie ein Bauherr zu überwachen (Merle in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 27 Rn. 46), ist als normale Verwaltertätigkeit nicht besonders zu honorieren sind.
Die Grundsatzentscheidung des BGH ist im Ergebnis zutreffend.

Derzeit herrscht Unsicherheit, ob der WEG-Gemeinschaft das Recht zur Kreditaufnahme zusteht, so dass eine Kreditaufnahme durch den Verwalter ohne Ermächtigung der Gemeinschaft erst recht nicht in Betracht kommen kann.

Leider hat der BGH in seiner Entscheidung aber auch zum Ausdruck gebracht, dass ein Verwalter gleichwohl zur Kreditaufnahme ohne Ermächtigungsbeschluss deshalb berechtigt sein kann, weil der Verwalter einen Beschluss der Wohnungseigentümer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG unverzüglich durchzuführen hat und andernfalls schadensersatzpflichtig werden kann.

Dies könne z.B. der Fall sein, wenn sich während der laufenden Bauarbeiten herausstellt, dass eine Kreditaufnahme erfoderlich werde. Damit bleibt weiterhin unklar, unter welchen Voraussetzungen eine Kreditaufnahme durch den Verwalter zulässig sein soll. Mit seiner Enstcheidung hat der BGH mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben.

Bis zu einer weiteren Klärung werden die Verwalter zur Vermeidung einer persönlichen Haftung gut beraten sein, von einer eigenständigen Kreditaufnahme für die Gemeinschaft immer Abstand zu nehmen und vor Vergabe und Ausführung der Maßnahmen die voraussichtlichen Kosten mit den vorhandenen Rücklagen abzugleichen, damit bereits im Rahmen der Beschlussfassung über die Maßnahme vorsorglich eine Sonderumlage mitbeschlossen werden kann.
Entscheidung im Volltext herunterladen
Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: WEG Wohnungsverwalter Sanierung Renovierung Instandhaltung Instandhaltungsmassnahme Instandhaltungsmaßnahme Instandsetzung Instandsetzungsmassnahme Kosten Kredit Kreitaufnahme Beschluss Ermächtigung Wohnungseigentümer Versammlung Beschluß Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop Geschäftsführung ohne Auftrag