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Änderung der BGH-Rechtsprechung: Vergemeinschaftungsbeschluss kann nichtig sein; §§ 10 Abs. 6, 14, 22 WEG; 1004 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 328/17, 26.10.2018
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Für Schadensersatzansprüche, die auf die Verletzung des Gemeinschaftseigentums gestützt werden, besteht ausnahmsweise keine geborene, sondern lediglich eine gekorene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn und soweit sie in Anspruchskonkurrenz zu Beseitigungsansprüchen der Wohnungseigentümer aus dem Miteigentum an dem Grundstück gemäß § 1004 Abs. 1 BGB stehen; das gilt auch, soweit der Beseitigungsanspruch die Wiederherstellung des vorherigen Zustands umfasst (insoweit Aufgabe von Senat, Urteil vom 7. Februar 2014, V ZR 25/13, NJW 2014, 1090 Rn. 17).

In Ausnahmefällen kann ein Beschluss, mit dem Individualansprüche der Wohnungseigentümer vergemeinschaftet werden, als rechtsmissbräuchlich und deshalb als nichtig anzusehen sein; das kommt etwa dann in Betracht, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer seinen Individualanspruch bereits gerichtlich geltend gemacht hat, eine Rechtsverfolgung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht beabsichtigt ist und die Beschlussfassung allein dazu dienen soll, den laufenden Individualprozess zu beenden.

Zieht die Gemeinschaft auf § 1004 BGB gestützte Individualansprüche der Wohnungseigentümer durch Beschluss an sich, nachdem ein Wohnungseigentümer seinen Individualanspruch gerichtlich geltend gemacht hat, und hält das Gericht den Beschluss nicht für nichtig, so kann es das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO bis zur Erledigung eines auf die Vergemeinschaftung bezogenen Beschlussmängelverfahrens aussetzen; in der Regel wird das Ermessen dahingehend reduziert sein, dass die Aussetzung erfolgen muss.
Der BGH hat seine umstrittene und schwer nachvollziehbare Rechtsprechung zur Vergemeinschaftung von Beseitigungsansprüchen baulicher Veränderungen durch einen Wohnungseigentümers zugunsten des klagenden Wohnungseigentümers entschieden und festgestellt, dass eine Vergemeinschaftung insbesondere dann nicht zulässig ist, wenn sie nur dem Ziel dient, dem klagenden Wohnungseigentümer die ihm zustehenden Rechte zu nehmen, um seinen Anspruch auf Beseitigung zu unterwandern.

Insbesondere ist die Klage eines Wohnungseigentümers nach dem Beschluss zur Vergemeinschaftung jetzt nicht mehr als unzulässig abzuweisen, sondern das Verfahren muss ausgesetzt werden, bis geklärt ist, ob der von der Gemeinschaft an sich gezogene Anspruch auch tatsächlich durchgesetzt wurde.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: rechtsanwalt frank dohrmann bottrop bauliche Veränderung beseitigungsanspruch