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Wohnungseigentümer haften für öffentliche Gebühren gesamtschuldnerisch unbegrenzt; § 10 Abs. 8 WEG, 422 BGB; 13 Abs. 4 GebBeitrG BR; 18 EntwOGGebO BR
OVG Bremen, AZ: 2 B 194/18, 23.11.2018
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Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 1 WEG). Gemeinschaftliches Eigentum ist namentlich das Grundstück, auf dem das Gebäude errichtet ist (§ 1 Abs. 5 WEG). Das Gemeinschaftseigentum als echtes Eigentum steht ausschließlich in den Händen der Miteigentümer; die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst ist nicht Grundstückseigentümerin (BGH, Beschluss vom 02.06.2005 – V ZB 32/05 –, BGHZ 163, 154-180, Rn. 48).

Die Abwasserentsorgung ist grundstücksbezogen. Entsprechend knüpft die Gebührenpflicht für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlage in der Stadtgemeinde Bremerhaven an die Eigentümerstellung des einzelnen Wohnungseigentümers an und betrifft ihn in seiner Eigenschaft als Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundstücks.

§ 10 Abs. 8 Satz 1 WEG steht der satzungsrechtlichen Regelung des § 18 Abs. 4 EntwGebOBhv und der landesgesetzlichen Regelung des § 13 Abs. 4 BremGebBeitrG nicht als höherrangiges Bundesrecht entgegen.

Nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG haftet jeder Wohnungseigentümer einem Gläubiger (nur) nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Bei der streitgegenständlichen Gebührenschuld handelt es sich jedoch nicht um eine Verbindlichkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, für die die quotale Haftung angeordnet ist, sondern um eine persönliche durch Gesetz begründete Verbindlichkeit des einzelnen Wohnungseigentümers. Für diese gilt die Haftungsbegrenzung nicht (BGH, Urteil vom 18.06.2009 – VII ZR 196/08 –, BGHZ 181, 304-310, Rn. 18).
Wieder einmal wurde einem Wohnungseigentümer die trügerische Sicherheit des § 10 Abs. 8 WEG zum Verhängnis. Die Entscheidung des OVG Bremen entspricht aber der ständigen Rechtsprechung sämtlicher Gerichte, so dass hier nur die Empfehlung ausgesprochen werden kann, es durch ein Hinwirken auf eine ordnungsgemäße Verwaltung und dem Vermeidung des Anwachsens von Hausgeldschulden zahlungsschwacher Wohnungseigentümer im Vorfeld die Enstehung einer derartigen Inanspruchname zu vermeiden.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Haftungsbeschränkung Abgaben Steuern Gebühren rechtsanwalt Frank Dohrmann Gesamtschuldnerschaft Bottrop