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Bei Erwerb einer Eigentumswohnung im Zwangsversteigerungsverfahren ist die Instandhaltungsrücklage bei Berechnung der Grunderwerbssteuer abzuziehen; §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 8, 9 GrEStG; 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG; 90 ZVG
FG Cottbus, AZ: 15 K 4320/10, 26.02.2015
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Der Teil des Kaufpreises, der auf die Übernahme des in der Instandhaltungsrückstellung angesammelten Guthabens entfällt, stellt keine Gegenleistung im Sinne von §§ 8, 9 GrEStG dar. Denn dieser ist nicht als "Entgelt für den Grundstückserwerb" erbracht worden, sondern hat Aufwand für den Erwerb einer geldwerten Vermögensposition dargestellt, die nicht unter den Grundstücksbegriff des GrEStG fällt (BFH, Urteil vom 09.10.1991 - II R 20/89).

Das Guthaben aus der Instandhaltungsrückstellung nach dem Wohnungseigentumsgesetz stellt eine mit einer Geldforderung vergleichbare Vermögensposition dar. Denn Sinn der Instandhaltungsrückstellung ist es, für künftig erforderlich werdende Reparaturen vorzusorgen und die Liquidität der Eigentümergemeinschaft für den Fall höherer Instandhaltungsaufwendungen zu gewährleisten. Es handelt sich wirtschaftlich um Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer auf zukünftige Instandhaltungsaufwendungen.

Denn der Erwerber einer Eigentumswohnung kann für den Fall des Eintritts der Kostentragungspflicht wegen Instandhaltungsmaßnahmen nach § 16 Abs. 2 WEG zu seiner Entlastung die Verwendung der in der Instandhaltungsrückstellung angesammelten Mittel verlangen. Unter diesem Gesichtspunkt stellt der Aufwand des Erwerbers einer Eigentumswohnung für die Übernahme einer Instandhaltungsrückstellung nicht Entgelt für den Erwerb der Eigentumswohnung selbst, sondern Entgelt zur Erlangung eines - möglicherweise erst zukünftig entstehenden - geldwerten Anspruchs auf Bezahlung von Instandhaltungsaufwendungen aus der Instandhaltungsrückstellung dar.

Nach Auffassung des Senats steht einer die Bemessungsgrundlage mindernden Berücksichtigung der Instandhaltungsrückstellung nicht entgegen, dass diese nicht Gegenstand des Zwangsversteigerungsverfahrens ist und weder bei der Verkehrswertermittlung des Vollstreckungsgerichts, §§ 38 Abs. 1 Satz 1, 74a Abs. 5 ZVG, noch in den Versteigerungsprotokollen, §§ 78, 80 ZVG, Berücksichtigung findet (anderer Ansicht: Sächsisches FG, Urteil vom 02.04.2014 - 2 K 1663/13

Dem steht nicht entgegen, dass die Instandhaltungsrückstellung nicht im Zwangsversteigerungsverfahren, sondern als gesetzliche Folge des Eigentumswechsels durch Zuschlag mit der Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft übergeht.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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