Kostenlose Urteile und Gerichtsentscheidungen

Detailansicht Urteil

Beklagter Wohnungseigentümer ist zugleich Teil der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft; §§ 10 Abs. 6 Satz 5 WEG, 253 ZPO
OLG Brandenburg, AZ: 12 U 64/14, 10.09.2015
Entscheidung
im Volltext
herunterladen
1. Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwa beigefügter Anlagen zu berücksichtigen, wobei die fehlerhafte Bezeichnung der Partei unschädlich ist, wenn trotz des entsprechenden Mangels in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten bestehen.

Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung einer falschen Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt.

Wird die Klageschrift im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft mit ausdrücklicher Herausnahme der Person des Beklagten, der insoweit noch als Antragsgegner bezeichnet ist, eingereicht, existiert eine rechts- und parteifähige Personenmehrheit in diesem Sinne nicht, denn der Beklagte ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft.

2. Zwar kann der einzelne Wohnungseigentümer wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft Nacherfüllungsansprüche in der Weise geltend machen, dass er die Zahlung eines Kostenvorschusses an die Eigentümergemeinschaft verlangt.

Zieht die Wohnungseigentümergemeinschaft die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte jedoch an sich, begründet sie damit ihre alleinige Zuständigkeit. Dies schließt ein selbständiges Vorgehen der Erwerber aus, die ihre Befugnis verlieren, Rechte selbständig geltend zu machen.
Die Entscheidung zeigt, wie gefährlich es ist, im Rubrum klarstellende Einschränkungen zur Parteistellung vorzunehmen, die das Gesetz nicht hergibt. Die Entscheidung des OLG Brandenburg ist sicherlich hart und ein anderes Gericht hätte dies - wie die Vorinstanz - sicherlich auch anders werten können. Allerdings muss der Weg des geringsten Risikos gegangen werden. Klagt die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen eines seiner Mitglieder, sollte man tunlichst im Aktivrubrum keine Einschränkung der Eigentümergemeinschaft vornehmen, indem man den Beklagten aus der Gemeinschaft herauslöst. Denn § 10 Abs. 6 WEG ist einer Einschränklung nicht zugänglich und vor diesem Hintergrund die Entscheidung des OLG Brandenburg konsequent.
Entscheidung im Volltext herunterladen
Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Wohnungseigentümergemeinschaft Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop Bauvertrag Nachbesserung Ansichziehen An-sich-ziehen Mängelbeseitigungsanspruch Passivrubrum Aktivrubrum Parteistellung im Prozess