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zur eidesstattlichen Versicherung des WEG-Verwalter im Zwangsvollstreckungsverfahren
BGH Karlsruhe, AZ: I ZB 61/10, 22.09.2011
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Nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG ist der Verwalter unter anderem berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 5 WEG im Vollstreckungsverfahren zu führen.

§ 43 Nr. 5 WEG bezieht sich unter anderem auf Klagen Dritter, die sich gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft rich-ten und sich auf das gemeinschaftliche Eigentum oder seine Verwaltung beziehen. Kommt es aufgrund einer derartigen Klage eines Dritten zu einem Vollstreckungsverfahren gegen die Gemeinschaft, so ist der Verwalter schon nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG berechtigt, die Gemeinschaft dabei zu ver-treten. Teil des Vollstreckungsverfahrens ist auch die eidesstattliche Versicherung gemäß §§ 899 ff. ZPO.

Ein Einzelrichter der Beschwerdekammer darf nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ( Zulassung der Rechtsbeschwerde ) gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen (BGHZ 154, 200, 202). Dem originären Einzelrichter nach § 568 ZPO ist die Entscheidung von Rechtssachen grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt.

Der Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters ist von Amts wegen zu berücksichtigen (BGHZ 154, 200, 203).
Der BGH bestätigt die Rechtsauffassung des LG Aurich, wonach der Verwalter zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung der von ihm vertretenen Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen der Zwangsvollstreckung verpflichtet werden kann.

Während die Vorinstanz die Verpflichtung aus § 27 III Nr. 2 WEG analog herleitete, geht der BGH davon aus, dass § 27 III Nr. 2 WEG auch für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung unmittelbar gelte.

Die dogmatische Herleitung ist sicherlich gewöhnungsbedürftig, rechtfertigt sich jedoch aus dem übergeordneten praktischen Interesse des Gläubigers an der Auskunft über die Vermögensverhältnisse einer Eigentümergemeinschaft.

Denn eine eidesttattliche Versicherung der einzelnen Wohnungseigentümer dürfte praktisch ins Leere gehen, da die Wohnungseigentümer selber meist nicht die Vermögenssituation der Gemeinschaft kennen und lediglich der Verwalter über die notwendigen Informationen verfügt.

Ein Haar in der Suppe fand der BGH dennoch:

Die Sache wurde zurückverwiesen, weil der Einzelrichter trotz Zulassung der Rechtsbeschwerde die Sache nicht der Kammer übertragen hatte. Hierzu ist er nach § 568 S.2 ZPO aber verpflichtet. Obwohl § 568 S. 3 ZPO keine Rechtsmittel gegen eine unterlassene Übertragung vorsieht, hält der BGH daran fest, dass ein Verfassungsverstoß gegen den gesetzlichen Richter von Amts wegen zu berücksichtigen ist und zur Aufhebung und Zurückverweisung führt.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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