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Änderung der BGH-Rechtsprechung: Renovierungsklauseln bei unrenoviert überlassener Wohnung unwirksam; §§ 535, 307 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 185/14, 18.03.2015
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Die formularvertragliche Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung hält der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt (insoweit Aufgabe von BGH, Rechtsentscheid vom 1. Juli 1987 - VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253).

Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist, wobei solche Gebrauchsspuren außer Acht bleiben, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln.

Angesichts der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen unterliegt die Beurteilung, ob eine Wohnung dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist, einer in erster Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände.

Beruft der Mieter sich auf die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel, obliegt es ihm, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war. Die Darlegungs- und Beweislast für die Gewährung einer angemessenen Ausgleichsleistung trifft den Vermieter.
Nach der personellen Umbesetzung des 8. Senates des BGH war zu erwarten, dass die Rechtsprechung des BGH nicht mehr wie bisher fortgesetzt wird. Nunmehr wurde die bisher vom BGH höchst kontroverse Rechtsprechung, wonach ein Mieter eine Wohnung in renoviertem Zustand auch dann zurückgeben muss, wenn er die Wohnung im nicht renovierten Zustand übernommen hat, aufgegeben.

Zwar muss der Mieter den Zustand der unrenoviert übernommenen Wohnung darlegen und beweisen, jedoch wird sich das Prozessrisiko für den Vermieter deutlich erhöhen, weil künftig der Mieter durch Zeugenbeweis den Zustand der Wohnung bei Übergabe als unrenoviert als Verteidigungsmittel im Prozess vortragen wird.

Aufgrund der neuen Rechtsprechung des BGH ist es nunmehr noch wichtiger, den Zustand der Mietwohnung bei Mietbeginn genau zu dokumentieren, da nicht nur die Frage, ob eine Wohnung renoviert war oder nicht eine Rolle spielt, sondern auch die Frage, welche Schäden bei der Übergabe einer nicht renovierten Wohnung schon vorhanden waren und welche Schäden während des Mietverhältnisses hinzugekommen sind (Verschlechterung).

Für die Begründung neuer Mietverhältnisse gilt für den Vermieter nunmehr, entweder ein penibel genaues Protokoll zu verfassen und vom Mieter unterschrteiben zu lassen oder aber die Wohnung renoviert zu übergeben und dies ebenfalls schriftlich im Mietvertrag zu vermerken.

Anderenfalls wird der Vermieter künftig noch häufiger auf den Renovierungskosten sitzen bleiben.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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