Kostenlose Urteile und Gerichtsentscheidungen

Detailansicht Urteil

Unwirksame Befristung im Mietvertrag kann in Kündigungsverzicht umgedeutet werden; §§ 570, 573, 575 BGB
LG Essen, AZ: 15 S 29/15, 12.03.2015
Entscheidung
im Volltext
herunterladen
In dem von dem Vermieter vorgegebenen Formularmietvertrag wurde in § 4 bei der Mietdauer den Text handschriftlich dahingehend geändert, dass der Vertrag auf bestimmte Zeit geschlossen sei und in Klammern „5 Jahre ab Mietbeginn" hinzugefügt. Außerdem wurde bei § 11, der Kündigungsregelungen vorsah, handschriftlich hinzugefügt „s. Befristung § 4". Die im Text genannte Bezugnahme auf die §§ 573 ff BGB wurde nicht durchgestrichen.

Die Mieterin verweigert nach einer Kündigung gem. § 573a BGB den Auszug im Hinblick darauf, dass eine fünfjährige Mietzeit fest vereinbart sei. Widerklagend macht sie die Freistellung von Kosten für die vorgerichtliche Beratung durch ihren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 297,62 € geltend.

Zutreffend geht das Amtsgericht ferner davon aus, dass hier keine wirksame Befristung des Mietvertrages im Sinne des § 575 BGB vorliegt. Denn die Kläger haben der Beklagten nicht in der von § 575 BGB gebotenen Schriftform bei Vertragsschluss mitgeteilt, aus welchem dort genannten Grund sie die Befristung wünschen.

Der von den Klägern hinsichtlich des Vertragstextes vorgegebene Mietvertrag ist aber auch nach Ansicht der Kammer so auszulegen, dass beide Parteien sich hinsichtlich der Mietzeit auf fünf Jahre binden wollten und die Regelungen in § 4 und bei § 11 ähnlich wie in dem vom BGH am 11.12.2013 entschiedenen Fall als ein beidseitiger, freiwilliger Kündigungsverzicht zu verstehen ist.

Die Wiederklageforderung ist als Schadensersatzforderung gemäß §§ 280, 311 BGB
begründet. Es stellt eine positive Vertragsverletzung des bestehenden Mietvertrages
im Sinne dieser Vorschriften dar, wenn der Vermieter entgegen der vertraglichen Vereinbarung zur Unzeit kündigt, wobei die Inanspruchnahme anwaltlicher Beratung seitens der rechtlich - soweit ersichtlich - nicht vorgebildeten Beklagten und die dadurch entstandenen Kosten einen adäquat verursachten Schaden bedeuten.
Die Entscheidung des LG Essen war angesichts der Rechtsprechung des BGH nicht überraschend. Damit hat ein weiteres Gericht bestätigt, dass eine unwirksame Befristung im Mietvertrag in einen zeitlichen (hier fünf Jahre) Kündigungsverzicht der Mietparteien umgedeutet werden kann.
Entscheidung im Volltext herunterladen
Dieses Urteil wurde eingestellt von Rechtsanwalt Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Befristung Umdeutung Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop Kündigungsausschluss Kündigungsverzicht unwirksame Mieter Vermieter Mietvertrag Beendigung Mietvertrages Schadensersatz Schadenersatz Rechtsanwaltgebühren erstattung Verschulden Vermieter