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Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung der Grunddienstbarkeit verjährt in dreißig Jahren; §§ 197 Nr. 2, 902, 1004, 1028 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 151/13, 18.07.2014
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Der Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung der Grunddienstbarkeit, die durch eine Anlage auf dem dienenden Grundstück verursacht wird, verjährt in entsprechender Anwendung von § 197 Nr. 2 BGB in dreißig Jahren, wenn es um die Verwirklichung des Rechts selbst und nicht nur um eine Störung in der Ausübung geht (Fortführung von Senat, Urteil vom 22. Oktober 2010 - V ZR 43/10, BGHZ 187, 185).

Inhalt und Umfang einer zeitlich unbegrenzten Dienstbarkeit liegen nicht in jeder Beziehung von vornherein für alle Zeiten fest, sondern sind Veränderungen unterworfen, die sich aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ergeben.
Eine Verjährung des Beseitigungsanspruchs kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB angenommen werden. Ist auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, durch welche die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird, errichtet worden, so unterliegt der Anspruch des Berechtigten auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des Rechts nach dieser Vorschrift allerdings auch dann der Verjährung, wenn die Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Die Norm kommt auch zur Anwendung, wenn der Beseitigungsanspruch zum Zweck der Verwirklichung des Rechts aus der Dienstbarkeit geltend gemacht wird. In diesem Fall beträgt die Verjährungsfrist aber nicht - drei, sondern in entsprechender Anwendung von § 197 Nr. 2 BGB 30 Jahre.

Unter dem Begriff der Anlage ist ebenso wie in § 1020 BGB eine für eine gewisse Dauer bestimmte, von Menschenhand zur Benutzung des Grundstücks geschaffene Einrichtung zu verstehen (vgl. zu § 1020 BGB: Senat, Urteil vom 17. Februar 2006 - V ZR 49/05, NJW 2006, 1428, 1429). Er geht, wie sich aus § 1022 BGB ergibt, über bauliche Anlagen hinaus. Auch Pflanzen können unter den Anlagenbegriff fallen. Unter funktionalen Gesichtspunkten macht es keinen Unterschied, ob die Beeinträchtigung der Grunddienstbarkeit von einem Bauwerk oder von Pflanzen ausgeht.

§ 1028 BGB enthält eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Ansprüche aus eingetragenen Rechten, die nicht auf Rückstände wiederkehrender Leistungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind, nicht der Verjährung unterliegen (§ 902 Abs. 1 BGB). Dies ergibt sich aus der Regelung des § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB, nach der die Dienstbarkeit mit der Verjährung des Beseitigungsanspruchs erlischt, soweit der Bestand der Anlage mit der Dienstbarkeit in Widerspruch steht.

Nimmt der Berechtigte eine Beeinträchtigung drei Jahre lang hin, kann demgegenüber noch nicht darauf geschlossen werden, dass die Dienstbarkeit für ihn keinen Wert hat und wegen der Nichtausübung faktisch überholt ist.

Während die Verjährung des Beseitigungsanspruchs nach § 1004 BGB das Stammrecht und die übrigen daraus fließenden Befugnisse unberührt lässt (siehe etwa Senat, Urteil vom 28. Januar 2011 - V ZR 141/10, NJW 2011, 1068 Rn. 9 zu der Möglichkeit des Eigentümers, die Störung selbst zu beseitigen), führt sie im Rahmen von § 1028 BGB zu dem ersatzlosen Verlust des Stammrechts und zugleich zu einer - für Dritte nicht erkennbaren, nach § 1028 Abs. 2 BGB gleichwohl hinzunehmenden - Unrichtigkeit des Grundbuchs. Die mit der Verkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig auf drei Jahre einhergehenden Folgen sind in diesem Zusammenhang derart gravierend, dass eine Begründung zu erwarten gewesen wäre, wenn der Gesetzgeber auch diese gewollt hätte.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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