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fristlose Kündigung eines Mieters wegen Rauchen in der Mietwohnung; §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 Nr. 2 BGB
AG Düsseldorf, AZ: 24 C 1355/13, 31.07.2013
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Einem Mieter, der in seiner Wohnung seit 40 Jahren raucht, kann fristlos gekündigt werden, wenn sich andere Mieter über Geruchsbelästigung im Hausflur beschweren.

Im Rahmen der §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist ein Verschulden des Mieters nicht erforderlich, wenngleich bei vorstehender Abwägung zu berücksichtigen.

Weiterhin ist der Vorrang des Nichtraucherschutzes auch der Grund für einen ständig verbesserten gesetzlichen Schutz der Nichtraucher (z. B. in öffentlichen Gebäuden) und zunehmende gesetzliche Rauchverbote, insbesondere jüngst durch den Gesetzgeber des Landes NRW. Dem liegen zweifellos eine veränderte gesellschaftliche Beurteilung und neue Erkenntnisse über die nicht unerheblichen Gefahren des Passivrauchens zugrunde.

Demzufolge ist ein im Hausflur wahrnehmbarer Zigarettenrauch von Nachbarn aufgrund seiner Gesundheitsschädlichkeit nicht hinzunehmen.
Dieses recht überraschende Urteil kann sicherlich nicht verallgemeinert werden. Beim Lesen der Entscheidungsgründe lässt sich der Disput mit dem Prozessbevollmächtigten und die Verärgerung des Richters über die vielfältigen Presseberichte nicht verbergen.

Dabei soll nicht vergessen werden, dass insbesondere der Geruch von abgebrannten Zigaretten extrem unangenehm ist und vom Vermieter nicht zu dulden ist, wenn dieser Geruch sich aus der Wohnung auf andere Gebäudeteile ausbreitet. Ob dies aber eine fristlose Kündigung rechtfertigt, ist sehr fraglich. Insoweit bestünde ein durchsetzbarer Anspruch auf Beseitigung, Unterlassen oder Vornahme einer Handlung (z.B. regelmäßiges Lüften) als weniger einschneidendes Mittel.

In rechtlicher Hinsicht ist die Entscheidung des Amtsgerichts mehr als grenzwertig. Auch die immerwährende Wiederholung in den Entscheidungsgründen eines "unstreitigen" Klägervortrages und eines "unsubstantiierten" Beklagtenvortrages sowie das ständige Hervorheben der "Präklusion" machen die Entscheidung nicht verständlicher.

Das Amtsgericht wird sich insoweit an seinen eigenen Ansprüchen in prozessrechtlicher Hinsicht messen lassen müssen. Aufgrund des vom Gericht selbst verfassten Sachverhalts wurde eine fristlose Kündigung wegen Geruchsbelästigung (Zigarettengeruch) aus der Wohnung des Mieters ausgesprochen, nicht wegen Zigarettenrauch. Gesundheitsgefährdend ist das Passivrauchen durch Einatmen von Zigarettenrauch, nicht aber dessen unangenehmer Gestank, der sich in Textilien, Möbel und Tapeten festgsetzt hat.

Ein unangenehmer Geruch kann bei einem ansonsten vertraggemäßen Gebrauch der Mietwohnung aber keine fristlose Kündigung rechtfertigen, sondern allenfalls weniger einschneidende Ansprüche auf Behebung dieser Gerüche. Ob von den bloßen Gerüchen Gesundheitsgefährdungen ausgehen, wurde nicht mitgeteilt und auch nicht von Klägerseite vorgetragen.

Medizinisch ist bisher jedenfalls noch kein Fall bekannt, in dem jemand "erstunken" ist.

Es bleibt daher abzuwarten, ob das Landgericht Düsseldorf diese Entscheidung tragen wird.

Auf die gegenteilige Rechtsprechung des BGH (VIII ZR 124/06) und des LG Hamburg (311 S 92/10) sei im Anschluss verwiesen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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